Auf dem Grund der Seele des Menschen,
ganz tief unten,
ruht das Geheimnis der Auferstehung.
Man muss es ausgraben.
Octavio Paz
Manchmal zeigt es sich auch erst im Rückblick auf eines Menschen Leben, wie folgende Geschichte beschreibt:
Was Freiheit und Stärke bedeutet - angesichts von schwerer Krankheit
Lebensgrund - Newsletter 56 / April 2023
Ein Arzt wird beerdigt. Als er einundvierzig war, sagte ihm ein Kollege voraus, dass er seinen fünfzigsten Geburtstag nicht erleben würde. Damals erkrankte er an Multipler Sklerose. Er wurde 73 Jahre alt.
Er war Arzt mit Leib und Seele und aus tiefster Berufung. Selbst nach seiner Erkrankung praktizierte er noch fast zehn Jahre weiter, engagiert und am Menschen interessiert. Er nahm an Forschungsstudien teil, damit die Erkenntnisse ihm – oder dann wenigstens anderen helfen könnten, die an derselben Krankheit litten. Anderen konnte er helfen, ihm konnte nicht geholfen werden. So fasst der Sohn das Schicksal seines Vaters im Lebenslauf zusammen.
Nach der Würdigung bittet der Sohn die Trauergemeinde aufzustehen, um in einer Gedenkminute dem Verstorbenen Ehre zu erweisen. „Mein Vater würde heute hier vor Euch stehen und Euch zulächeln, dessen bin ich mir sicher. Und er würde uns mit der Victory-Hand grüssen. Mit jenem Symbol, welches er für sich entdeckte in der langen Zeit der Krankheit. Bei jedem Besuch grüsste er uns mit diesem Zeichen für Sieg und dauerhaften Frieden."
Dann stehen wir schweigend da und erheben die Hand zum Victory-Zeichen für den Verstorbenen. Es ist ein eindrücklicher Moment, dicht und erfüllt. Angesichts des Kampfes, den der Verstorbene über Jahre führte im Ringen um sein Dasein. Erfüllt mit einem Dank für die innere Grösse dieses Menschen.
Hier ehrten wir nicht die Tatsache, dass der Arzt dann doch dreiundsiebzig wurde. Sein Sieg war es, dass das Bedrohliche und Unkontrollierbare dieser fortschreitenden Krankheit nicht sein ganzes Leben und seinen Geist dominierte. Dass er die Gabe hatte, nach jedem Krankheitsschub innerlich wieder aufzustehen und sich Räume zu erschaffen, in denen auch Glück, Freude, Hoffnung und Vertrauen wohnten, trotz des Schweren. Dass er trotz seiner Schmerzen und Beschwerden immer wieder ein gutes Wort für seine Mitmenschen fand und ihnen einen freundlichen Blick schenkte. Und dass er im Herz seines Menschseins so kerngesund und lebensfroh durchs Leben ging, dem Schweren immer wieder das Leichte abtrotzend.
Er fand inneren Frieden, weil er es schaffte, sein Schicksal anzunehmen als Zumutung und als einen Weg, den es zu beschreiten und zu gestalten galt. Und er tat dies mit allem, was ihm an Kreativität, Güte des Herzens und Willenskraft zur Verfügung stand.
Vielleicht ist dies die grösste Heilkraft, die dieser Arzt hinterlässt: Sein Zeugnis, dass es möglich ist, sich vom Leiden, den eigenen Ängsten und Bedenken nicht einmauern zu lassen. Er erinnert uns daran, dass die Fakten und Erschwernisse das eine sind, aber was wir daraus machen, ist das andere. Oder wie Christiane Singer es in ihrem Buch „Alles ist Leben“ an einer Stelle formulierte: „Die Krankheit ist in mir. Jetzt muss ich schauen, dass ich nicht in der Krankheit bin.“
Wir können uns entscheiden, uns vom Schweren und Schwierigen nicht dominieren zu lassen, sondern uns in all dem geborgen zu wissen in einem „Haus aus Licht.“ Wir alle haben diese Fähigkeit zur inneren Freiheit und Grösse. - und somit zur Auferstehung mitten im Leben:
Manchmal stehen wir auf
Stehen wir zur Auferstehung auf
Mitten am Tage
Mit unserem lebendigen Haar
Mit unserer atmenden Haut.
Nur das Gewohnte ist um uns.
Keine Fata Morgana von Palmen
Mit weidenden Löwen
Und sanften Wölfen.
Die Weckuhren hören nicht auf zu ticken
Ihre Leuchtzeiger löschen nicht aus.
Und dennoch leicht
Und dennoch unverwundbar
Geordnet in geheimnisvolle Ordnung
Vorweggenommen in ein Haus aus Licht.
Marie Luise Kaschnitz
Mit vorösterlichen Grüssen
Barbara Lehner und Antoinette Brem
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Ausblick auf einige Kurse und Veranstaltungen: (das ausführliche Jahresprogramm 2023 finden Sie hier, Infos bei welcome@lebensgrund.ch oder 041 310 98 51)
☼ Follow-up Trauerbegleitung: Weite den Raum - Mich selbst und andere mit Jin Shin Jyutsu (Strömen) begleiten. Mit Maria Anna Zündt, Vorarlberg A., in Luzern, 4. / 5. April
☼ Follow-up Trauerbegleitung: Kinder und Jugendliche im Verlustschmerz begleiten. Mit Roland Kachler, D, 27. / 28. April
☼ Systemische SELBST-Integration: In der Klarheit liegt Kraft, Luzern, 2./3. Juni
☼ Trauerseminar: Mit dem Verlust leben lernen - im Abschiednehmen Trost, Klarheit und neuen Lebensmut finden. Flüeli-Ranft OW, 8. – 10. Juni
☼ Einführungskurs Shibashi Qi Gong: Meditation in Bewegung. Lassalle-Haus, 7. – 9. Juli
☼ Visionssuche für Frauen: Wo ich sein darf, die ich bin, Bündner Berge, 6. – 19. Aug.
☼ Follow up Trauerrituale/Trauerbegleitung: Den Raum halten – Holding Space, 7./8. Sept. in Luzern
☼ Ausbildungslehrgang Shibashi Qi Gong: 10 Tage in einer verbindlichen Gruppe, Beginn: 13. Sept. in Luzern
☼ Follow-up Trauerbegleitung: Mit Heilpflanzen durch die Trauer, mit Flor Schmidt, D, 3. Nov.
☼ Trauerseminar: Mit dem Verlust leben lernen - im Abschiednehmen Trost, Klarheit und neuen Lebensmut finden. Flüeli-Ranft OW, 16. – 18. Nov.
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