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Zwischen Stummsein,

das der Liebe schadet,

und einem Ausbruch von Worten,

der die Wahrheit übertönt,

schenke mir Dein Wort.

 

Hildegund Keul

Still, jedoch alles andere als stumm

Lebensgrund - Newsletter 66 / September 2026

«Es ging doch nicht, diese Frau zu beerdigen, ohne dass von ihr etwas Persönliches spürbar wurde. Das wäre so trostlos gewesen», erzählt Beatrice. «Niemand war da, um durch die Feier zu leiten. Oder ein persönliches Wort beizutragen. Ich sah rundum konsternierte Gesichter.»

Die Frau, die gestorben war, kam regelmässig mit anderen zusammen, um Shibashi Qi Gong zu praktizieren. Sie liebte die langsamen meditativen Bewegungen, die ihrer Seele guttaten und ihre Beweglichkeit bis im Alter unterstützten. Beatrice leitet die Gruppe seit längerem an. Nun war sie mit einigen weiteren Teilnehmenden gekommen, um Abschied zu nehmen. Beatrice ist eine Frau der Tat. Wenn sie erkennt, etwas ist nicht stimmig und sie eine Idee hat, wie dies zu ändern wäre, dann überlegt sie nicht lange sondern versucht es. So auch diesmal. Beatrice trat zum etwas verloren wirkenden Sohn der Verstorbenen und bot ihm an, zu Ehren seiner Mutter einige Bilder dieser Meditationsform in Bewegung auszuführen, als letzten Gruss für eine Frau, die so lange Zeit Teil der Gruppe war. Der Sohn nahm dankbar an. Nur wenige Worte waren notwendig, Beatrice erklärte den Anwesenden einzig, dass die sanften Qi Gong - Bewegungen der Verstorbenen viel bedeutet hatten. Dann trat sie vor und leitete die Gruppe an, ohne Worte.

Still, jedoch nicht stumm. Es war ein würdiger Moment. Die konsternierten Gesichter weichten auf, auf einige stahl sich ein feines Lächeln. Wo Worte fehlen, vermögen einfache Handlungen manchmal etwas vom verstorbenen Menschen erlebbar zu machen. So auch jetzt. Nicht mit einem Wortschwall, der genauso irritieren kann. Aber auch nicht im einfach Stummbleiben verharrend. Beatrice hatte dies erkannt.

Der Sohn bedankte sich danach bei Beatrice, sichtlich berührt. Etwas, was vorher gefühlsmässig und atmosphärisch bei ihm und der Trauergemeinde in Schieflage war, wurde spürbar ruhiger, ausgeglichener.

Beatrice würde sich nicht als spirituell besonders begabt bezeichnen, im Gegenteil, alles was nach «aufgesetzten Floskeln» riecht, ist ihr zuwider. Und gerade darum beeindruckt mich ihr feines Gespür für das schlicht Notwendige und Menschliche. Diese Qualität hat viel mit geerdeter Spiritualität gemein. Und damit meine ich: mit dem, was Heimat gibt im Heimatlosen, Boden unter die Füsse im Bodenlosen. Was uns in den grossen Fragen von Werden, Sein und Vergehen anbindet an eine über uns hinausreichende Wirklichkeit. Was den Faden spannt vom «Hier» ins «Dort», mitten im schmerzhaften Abschiednehmen.

Warum niemand durch die Abschiedsfeier geleitet hat, ist mir nicht bekannt. Der Sohn der Verstorbenen war sich wohl zu wenig bewusst, dass dies hilfreich und für ihn auch emotional entlastend gewesen wäre.

So scheint es vielen Menschen in unserer Zeit zu gehen. Menschen, die sich aus verschiedensten Gründen nicht mehr an religiöse Institutionen wenden, um für ihre Verstorbenen eine würdige Abschiedsfeier zu gestalten. Darum haben wir bereits 2014 begonnen, Frauen und Männer auszubilden, die diese schöne Aufgabe als ihre Berufung erkennen und mit viel Fachkenntnis und Feingefühl – wenn gewünscht religiös verankerte oder auch konfessionsneutral - Trauerfeiern gestalten helfen. Es erstaunt uns immer wieder, dass noch viel zu viele Menschen keine Kenntnis von solchen alternativen Möglichkeiten haben. Darum eine Bitte: helft mit, dies bekannt zu machen. Weil die Erfahrung es zeigt: eher selten ist eine Beatrice da, welche zur Stelle ist und sich beherzt einbringt, wenn sonst niemand präsent ist, um den Raum zu halten bei diesem grossen Ereignis in unserem Leben.

Mit herzlichem Gruss

Antoinette Brem und Barbara Lehner

 

P.S. Unsere nächste Ausbildungsgruppe zur Fachperson Trauerfeiern und Abschiedsrituale startet wiederum im Dezember. Vielleicht etwas für Sie? Oder jemanden, den / die Sie darauf aufmerksam machen können?


Ausblick auf einige Kurse und Veranstaltungen: (das ausführliche Jahresprogramm 2026 finden Sie auf  www.lebensgrund.ch/aktuell, Infos bei welcome@lebensgrund.ch)

07. – 10.10.25 Shibashi Qi Gong Retreat Erholung in der Tiefe meines Seins, Kientalerhof, Kiental BE

23. - 25.10.25 Trauerseminar "Trost finden und den Weg ins Leben wagen", in St. Antoni FR

24.10.25 In der Klarheit liegt Kraft. Systemische SELBST-Integration, in Luzern

06.11.25 Trauern ist die Lösung – ein Liederabend mit Chris Paul, D, 19.30 Uhr in Luzern. Infos & Anmeldung bei: begleitung@caritas-zentralschweiz.ch

07.11.25 Follow up Trauerbegleitung Themen- & Methodenvertiefung, Umgang mit Schuld und Schuldkonstrukten, mit Chris Paul, D. >>> Ausgebucht!

08.11.25 Lebendige Abschiedskultur – ein Liederabend mit Chris Paul, D, 17 Uhr in Winterthur. Infos & Anmeldung bei: kontakt@oktobergold.ch

15.11.25 Trauern ist die Lösung – ein musikalischer Abend mit Chris Paul, D, 20.15 Uhr in Laupen BE. Infos & Anmeldung bei: www.dietonne.ch

05. – 07.12.25 bewegt Stille werden - Shibashi Qi Gong Einführungs- und Vertiefungskurs, Kloster Kappel, Kappel a. Albis

11. – 13.12.25 Beginn Diplomlehrgang Abschiedsrituale und Trauerfeiern, Flüeli-Ranft

16.12.25 erdverbunden himmelwärts: ein Tag mit Harmonizing Heaven and Earth Qi Gong, Luzern

04.02.26 Beginn Lehrgang Shibashi Qi Gong: 10 Tage übers Jahr 2026, in Luzern

21./22.02.26 Energy Greetings Qi Gong, Einführungs- und Vertiefungsseminar "... bis der Atem der Stille durch Leib und Seele weht", in Luzern

19. – 21.03. (A), sowie 26. – 28.03.26 (B) Beginn Grundausbildung in Trauerbegleitung 2026 2027, Flüeli-Ranft