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Wir sind nicht allein.

Wir sind mehr als wir ahnen.

Eine Liebe umspinnt unmerklich und tief.

 

Luzia Sutter Rehmann

Empathie über den Tod hinaus

Lebensgrund - Newsletter 64 / April 2025

Ich bin die Handlung, die berührt und stärkt. Ich bin der Liebesdienst und das Öl der Zuwendung. Ich bin in der Achtung vor dem Menschen und dem Weg seiner Bestimmung. Ich bin im Salböl, das stärkt und würdigt. Mein Duft verströmte, kurz bevor Jesus aufbrach nach Jerusalem, wo er seinen Tod fand. Es war an jenem Abend, als die unbekannte Frau in den Kreis der Männer eintrat, das Alabastergefäss brach und Jesus salbte. Sie stärkte ihn für seinen letzten Weg. Und ich ging mit den Frauen, die am Morgen des dritten Tages aufbrachen, um den Leichnam des Gekreuzigten zu salben und zu würdigen. Ihre Liebe und Verbundenheit war stärker als die Angst, selbst verhaftet zu werden.

Ich begleite über die Schwelle, wirke im konkreten Tun und spreche durch die Zeichen das Herz an. Ich würdige und ermutige zum Leben, welches alles umfängt: das Leben wie den Tod, die Stärke wie die Verletzlichkeit, das Gehen wie das Ankommen, das Ende wie den Neubeginn.

Und ich bin die Nächstenliebe, die alle umfasst und niemand ausschliesst. Ich wirke auch heute an vielen Orten, verborgen und kraftvoll. Im Wirken der Bestatterin und Trauerbegleiterin bin ich auch. Sie fand ihr Tun sei selbstverständlich. Aber da ist es nicht. Nach dem Einbetten in den Sarg und vor dem Schliessen des Sarges verweilt die Bestatterin noch einen Moment ganz bewusst und wendet sich dem oder der Verstorbenen zu und schickt sie mit einem Spruch und ein paar persönlichen Worten der Ermutigung auf den Weg.

„Und sterben wir, so trägt ein Strom uns leuchtend in ein Meer von Licht.“ (Quelle unbekannt) oder: „Es ist Zeit. Ich sehe dich im Türrahmen stehen, aufrecht und schön. Du hast die Schwelle überschritten zu deiner letzten Reise. Es fällt uns schwer, dich gehen zu lassen. Wir möchten dir unseren Dank sagen und uns verneigen vor deinem Leben. Wir segnen dich ein letztes Mal. Wir segnen deine Reise. Und senden dich ins alles erhellende Licht. Wir behalten dich hier im Herzen.“ (nach Gernot Candolini)

Und nachdem sie den Spruch vorgelesen hat, legt sie ihre Hand auf die der verstorbenen Person und sagt sinngemäss: «Hanna Muster-Habegger, dir sit gstorbe. Göht dir jetz am Liecht entgäge, a dä Ort wo dir frei sit und (kener Schmärze meh heit) und/oder (wo scho öpper uf öich wartet). Mir wünsche öich ä gueti Reis, uf Wiederluege.»

(Hanna Muster-Habegger, Sie sind nun verstorben. Gehen Sie nun dem Licht entgegen, an jenen Ort, wo Sie frei sind und keine Schmerzen mehr haben müssen und/oder (wo jemand auf Sie wartet). Wir wünschen Ihnen eine gute Reise, auf Wiedersehen.)

Der Bestatterin ist es sehr wichtig, dieses Ritual bewusst und gegenwärtig zu vollziehen – vor allem für die verstorbene Person. Es sei eindrücklich wie dicht dieses Ritual jeweils sei und wie emotional die Angehörigen reagierten, wenn sie dabei sind. Den Spruch habe sie auf einem kleinen Kärtchen ausgedruckt und lege ihn nach dem Ritual der verstorbenen Person in den Sarg.

„Wenn nicht wir, wer verabschiedet die Toten in der heutigen Zeit mit einem präsenten Bewusstsein und in diesem tiefen, intimen Moment? Da ich es für die Verstorbenen mache, spielt es für mich keine Rolle ob Angehörige dabei sind oder nicht. Es gilt, ein Leben zu verabschieden und eine gute Reise zu wünschen, so wie wir das zu Lebzeiten einander auch wünschen, sagt Christa Roth, Bestatterin, Trauerbegleiterin und Fachfrau für Abschiedsrituale und Co-Leiterin des Lehrgangs Trauerfeiern.

So wirke ich vielfältig und setze mich ein für Menschlichkeit, die nicht abbricht. Ich stehe für die Zuwendung, die hinsieht, wenn andere wegschauen. Die mitgeht, erkennt, segnet und auf den Weg schickt. Ich stehe für die Weisheit in herausfordernden Situationen. Für die Kraft, die Verbindung hält und das Darüber hinaus erahnt. Ich bin urmenschlich und ein österliches „Und trotzdem“, das weiss, dass die Geschichte noch nicht zu Ende geschrieben ist. Ich bin die Empathie. Heute will ich gelebt werden. Erst recht in diesen verwirrenden und erschreckenden Zeiten. Als Zuwendung und Liebesdienst, um die alles umspannende Verbundenheit wissend.

In diesem Sinne wünschen wir Euch ein österliches Tun und Sein in der Kraft der Empathie und Nächstenliebe. Mit bestem Dank an Christa Roth fürs Teilen, auch des unten angefügten Textes, welcher für Christa so Wesentliches für ihre Arbeit aussagt.

Mit herzlichem Ostergruss an alle,

Barbara und Antoinette

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Wenn ich die Toten liebe,

liebe ich den sich wölbenden Leib der Erde,

die uns und sie trägt,

alles zum Blühen und Vergehen bringt.

 

Dann rauschen die Toten noch

in den Wipfeln und in meinen Ohren,

gelöst von Erdenschwere blicken sie öfters zu uns:

Ob wir schaffen, was sie nicht vollenden konnten?

 

Kalte Daumen werden gedrückt

und Berge gelegentlich verschoben.

Wir sind nicht allein.

Wir sind mehr als wir ahnen.

Eine Liebe umspinnt unmerklich und tief.

 

Luzia Sutter Rehmann

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Ausblick auf einige Kurse und Veranstaltungen: (das ausführliche Jahresprogramm 2025 finden Sie hier, Infos bei welcome@lebensgrund.ch)

 

28.04. 25 Online-Info-Veranstaltung zum Lehrgang Trauerrituale, 19.30 – 21 Uhr. Anmeldung via: lehner@lebensgrund.ch

03. – 04.05.25 Shibashi Qi Gong Einführungs- und Vertiefungskurs, Luzern

15. / 16.05.25 Follow Up Trauerbegleitung, Komplizierte Trauer. Verluste in der Kindheit, Nachholende Trauerarbeit, mit Roland Kachler, D

24.05.25 In der Klarheit liegt Kraft. Systemische SELBST-Integration, in Luzern

05.- 07.06.25 Mit dem Verlust leben lernen. Trauerseminar, Im Trauern Trost und neuen Lebensmut finden, Flüeli-Ranft OW

19.- 21.06.25 Beginn Diplomlehrgang Familientrauerbegleitung, mit A. König

03.- 16.07.25 Wo ich sein darf, wer ich bin. Frauen*-Visionssuche, in den Schweizer Bergen

11. – 13.07.25 Shibashi Qi Gong – Einführungs- und Vertiefungskurs, Kloster Kappel, Kappel a. Albis

21./22.08.25 Follow up Methodenvertiefung Trauerrituale: «Das Balance-Modell für Trauerreden», mit Birgit Aurelia Janetzky

11. – 13.09.25 Beginn Diplomlehrgang Abschiedsrituale und Trauerfeiern, Flüeli-Ranft

Cover  Praxisbuch Trauerfeiern 2025.jpeg

Nachauflage - Praxisbuch Trauerfeiern und Bestattungen

Wir freuen uns: Dieses wertvolle Grundlagenbuch für alle, die Trauerfeiern und Abschiedsrituale gestalten, geht in die dritte und überarbeitete Auflage und ist ab anfangs Mai erhältich mit 40 zusätzliche Seiten und mit

- neuen Gebrauchstexten für Abschiedsfeiern und Trauerbegleitung

- vollständig überarbeitetem Kapitel zur Traueransprache

- QR-Code mit Links zu nützlichem Arbeitsmaterial zur Gestaltung von Trauerfeiern und Abschiedsritualen.

 

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